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33. Afghanistan, Pakistan, Somalia, Irak (2x), Libyen, Syrien (vgl. Kap. 41), Jugoslawien, Mali, Sierra Leone, Jemen usw. = lauter Aggressionen für Rohstoffe und Einfluss, begangen von westlichen Christen, sog. Regime Changes, lauter grobe Verletzungen der UNO-Charta (Art. 2 Ziffer 4 und Art. 33)

Die westliche Oberschicht, lauter weisse Christen, hat das 11. Gebot besonders verinnerlicht: Machet euch die Erde untertan! So wird sie wohl auch von der restlichen Welt wahrgenommen. Nach dem 2. Weltkrieg, als die Europäer zahlreiche Kolonien in Afrika und Südasien besassen und die USA machtvollen Einfluss in Lateinamerika, machte sich diese Oberschicht daran, ihre Herrschaft auszubauen, ihren Bereich gegen die kommunistische Versuchung abzuschirmen und den Kommunismus wo immer möglich zurückzudrängen. Als das mit ihren Armeen, mit subversiver Geheimdienst-Tätigkeit und unter propagandistischer Ausnutzung der östlichen Systemfehler sowie schliesslich mit der Methode Reagan gelang (durch Tot-rüsten, vgl. Kap. 26), ging es der westlichen Oberschicht darum, die Weltherrschaft des Kapitals, wie Marx sagen würde, zu konsolidieren, d.h. in möglichst vielen Ländern pro-westliche Regimes zu installieren, v.a. in den strategisch wichtigen und in denen, welche die für den Westen wichtigen Ressourcen beherbergen: Öl, Erdgas, Wasser, Metalle, seltene Erden, Nahrungsmittel und sog. Südfrüchte usw. Folgerichtig intervenierten die USA, welche sich auf Lateinamerika beschränkt hatten (ausser 1918 gegen die Bolschewiken, vgl. Kap. 6), nun auch in der restlichen Welt, in Absprache und im Verbund mit den NATO-Partnern. Solche Interventionen waren entweder als verdeckte Operationen getarnt oder wurden als humanitär bezeichnet oder als Schutz von Landsleuten. Ich nenne sie schlicht Aggressionen, wie schon diejenigen in Korea und Vietnam, also militärische Angriffe, Überfälle auf fremde Territorien. Sie sind gemäss UNO-Charta verboten. Sinngemäss gilt das auch für die leidigen Einmischungen westlicher Geheimdienste und Geheimkommandos in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten (Art. 2/7 der Charta), besonders in interne Kräfte-Ausmarchungen solcher Länder. Von der Sowjetunion und nachher von Russland, auch von China, gingen praktisch keine solchen Aggressionen aus. Hier eine Ausnahme:

a) Afghanistan: Dieses Land beherbergt immense Bodenschätze, wie diese beiden Suchbegriffe bei Google ergeben. Es wundert nicht, dass das die Begehrlichkeiten auch der USA schon lange geweckt hat. Es lohnt sich, ihre Rolle ab den 70er Jahren genauer anzusehen. Zunächst die ziemlich offizielle Version über die Sowjets und die Mudschaheddin:

1978 putschten sich in der Sowjetunion ausgebildete Offiziere an die Macht und wollten einen kommunistischen Staat errichten. Sie wollten schnell weitgehende aber vollkommen undurchdachte und unvorbereitete Reformen durchsetzen. Dazu wandten sie sich gegen alle, von denen eventuell Opposition ausgehen konnte. Zehntausende wurden verhaftet und liquidiert. Dagegen entstand schnell militärischer Widerstand der sog. Mudschaheddin. Die Sowjetunion griff Ende 1979 mit eigenen Truppen ein, um die Herrschaft der afghanischen Kommunisten in ruhigere Bahnen zu lenken und um deren militärische Niederlage zu verhindern. Aber auch diese damalige Weltmacht konnte sich nicht gegen die inzwischen über Pakistan vom Westen massiv unterstützten Mudschaheddin behaupten. 1989 zog sie ihre Truppen ab, unterstützte aber die afghanischen Kommunisten weiterhin.

Diese Version verschweigt jedoch die verdeckte Operation der USA vor dem Einmarsch der Sowjets: Der kanadische Globalisierungskritiker Prof. Michel Chossudovsky zitierte in einem inzwischen von Wikipedia gelöschten Beitrag den Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski (1977-81), welcher im Januar 1998 in einem Interview des Nouvel Observateur die amerikanische Unterstützung der Mudschaheddin auf den 3.7.79 datierte: es war die erste Direktive für deren geheime Unterstützung, unterschrieben von Carter. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten (Weihnachten 1979). Brzezinski schrieb Carter am Tag des Einmarschs: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Den Einmarsch über die Südgrenze der Sowjetunion hielt diese für nötig, weil die USA u.a. mit aus der Luft abgeworfenen Flugblättern zum Aufstand gegen die pro-kommunistischen Machthaber in Kabul aufgerufen hatten, neben anderer Subversion. Ich erinnere mich zufällig an eine Schilderung davon in der NZZ vom 10.1.80, weil ich mit meinem Mitarbeiter intensiv diskutiert hatte: Welch perfide Masche! Was, wenn die Sowjets analoge Flugblätter über Mexiko abwerfen würden? – Dieser 10-jährige Krieg während der Reagan-Ära mit verdeckter, aber massiver Hilfe der USA via Pakistan an die Mudschaheddin gegen das pro-sowjetische Regime in Kabul (vgl. Kap. 26: Die Methode Reagan) half dann mit, dass die Sowjetunion als Herrschaftssystem insgesamt aufgeben musste. – Die Kurzgeschichte weiter: 1989 zog die UdSSR ihre Truppen ab, unterstützte aber die afghanischen Kommunisten weiterhin. Ende 1991 erlosch die Sowjetunion. Im Frühjahr 1992 gaben auch die afghanischen Kommunisten auf. Die in mehreren Parteien schlecht organisierten Mudschaheddin zogen als Sieger in Kabul ein. Sie waren in der Lage gewesen, einen lokal verankerten Widerstand gegen eine Weltmacht erfolgreich zu fördern. Aber mit dem Wiederaufbau eines Nationalstaates waren sie total überfordert. Ihre Anführer hatten die schlichte Mentalität von Räuberhauptleuten. Sie hatten gewonnen, und jetzt gehörte ihnen alles. Sie mussten nur noch die Konkurrenz niederkämpfen. Insbesondere in Kabul spielte sich ein grausamer Bürgerkrieg ab. 1994 entstand im Süden Afghanistans die Bewegung der Taliban. Sie vertrat radikal-islamische Ansichten, die zum Teil frisch erfunden waren und die traditionelle Religionsausübung in Afghanistan in vielen Belangen übertrafen. Aber ihre Anführer waren nicht so korrupt wie die der Mudschaheddin. Sie sorgten für eine gewisse Ordnung. Daher wurden die Taliban zunächst dort begrüßt, wo sie sich durchsetzen konnten. Der Hauptgrund dafür, dass sie im größten Teil des Landes an die Macht kamen, war aber die massive Unterstützung durch Pakistan und arabische Islamisten wie Osama bin Laden.

Nach dem angeblich von diesem organisierten Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11.9.01 (vgl. aber Kap. 35: <9/11> hausgemacht) fielen die USA vier Wochen später in Afghanistan ein und stürzten das Taliban-Regime, angeblich weil es Osama-bin-Laden beherbergte, den angeblichen Drahtzieher der 9/11-Anschläge. Aha, diese unbewiesene Beherbergung genügte, um den NATO-Bündnisfall auszurufen? und z.B. deutsche Truppen anzufordern? Dahinter verbirgt sich eine grosse Lügen-Kiste! Die USA wussten nämlich schon 1991 Bescheid über die riesigen Bodenschätze. Offenbar hofften sie, der ab 2001 längste Krieg ihrer Geschichte werde sich lohnen, auch für ihre NATO-Verbündeten. Ja, und um verletzte Menschenrechte ging es auch, die armen Frauen und Kinder … Bei einer deutsch-christlichen Bombardierung zweier Tanklastzüge nahe Kundus starben 2009 viele Zivilisten. Der mit christlichen Richtern besetzte Bundesgerichtshof entschied nun, dass Deutschland keinen Schadenersatz leisten muss (SDA in 20Min. 7.10.16 S.11).

Die afghanische Falle für die Russen wurde in meiner Lesart die moralische Falle für die USA. Ihr militärisches Engagement nach <9/11> ist signifikant für ihre Aggressionen an wichtigen Punkten dieser Erde, weitab von ihrem Territorium, und unterstreicht ihren Willen zur Weltherrschaft, den sie während des Kalten Krieges der Sowjetunion vorgeworfen hatten. Er ist mit der UNO-Charta unvereinbar. Und die Folter-Skandale in der Haftanstalt Bagram, analog zu Abu-Ghraib im Irak, sind mit Art. 5 AERM unvereinbar. Die Bilder aus jener Zeit (blickamabend 28.5.14) und wie die US-Soldaten mit den Einheimischen umgingen: scheusslich!

b) Pakistan: Sucht man im Web nach Spuren militärischer Einmischungen in Pakistan, so beginnen diese mit der Administration Obama (2009). Dieses Land war aber für die USA schon seit seiner Gründung interessant, sie schlossen mit ihm am 5.3.59 ein Verteidigungsabkommen (Ploetz S.374) und führten es, als Gegengewicht zum Neutralismus Indiens, in die SEATO (Austritt 8.11.72). Seine wechselvolle Geschichte, mal pro- und mal anti-amerikanisch, hängt eng mit derjenigen Afghanistans zusammen, es wäre dessen Zugang zum Meer. Es ist daher naheliegend anzunehmen, dass sich die USA auch lange vor Obama offen oder verdeckt in die Geschicke Pakistans einmischten; oder naiv, das Gegenteil anzunehmen … Jedenfalls startete der US-Spionage-Pilot Powers, der mit seiner Lockheed U-2 am 1.5.60 über Swerdlowsk abgeschossen wurde, in Peschawar (Geheime Aufzeichnungen des Oleg Penkowskij, DroemerKnaur 1966 S.297).

c) Somalia: Vielleicht genügt es, auf diese Website zu verweisen als Beleg für weitere US-Aggressionen und Einmischungen entgegen jedem Völkerrecht: 1992 und 2006, diesmal nicht wegen Bodenschätzen, sondern gegen Vertreter des Islam. Dieser alte Rivale der Christen hatte in beiden Kriegen die besseren Karten, und um das geht es bis heute …

d) Irak: Zweimal gewonnen hingegen haben die USA die beiden Feldzüge um das irakische Öl. Vor dem ersten (nach anderer Lesart war es der zweite) wollte Saddam Hussein seine Territorial- und Ölförder-Macht ausdehnen auf das Emirat Kuwait. Er besetzte es 1990, u.a. um mit erhöhten Einnahmen die 80 Mia. $ Schulden abzutragen, die nach dem Krieg mit dem Iran 1980-88 auf dem Irak lasteten. Auf die Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat und auf das Wirtschaftsembargo reagierte der Irak u.a. mit dem Angebot, sich aus Kuwait zurückzuziehen, wenn Israel die Verhandlungen mit den Palästinensern wieder aufnehme. Der Westen (George Bush senior) wollte jedoch keine diplomatische Lösung, sondern zwang Saddam Hussein anfangs 1991 militärisch zum Rückzug aus Kuwait. Dort waren viele Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge als Wanderarbeiter tätig gewesen, welche die Besetzung durch den Irak unterstützt hatten. Nach deren Beendigung wurden etwa 450’000 von ihnen innert weniger Tage aus Kuwait vertrieben – eine zweite Nakba (vgl. Kap. 21). Wenn die Internationale Gemeinschaft das erwähnte Angebot als fair angenommen hätte, dann hätten der Krieg und diese Nakba vermieden und der Nahost-Konflikt einer Lösung näher gebracht werden können – er schwelt bis heute. Das haben wir dem Weltpolizisten USA zu verdanken, welcher sich militärisch in regionale Konflikte einschaltete, ausser in Israel, und sie in seinem Sinne entschied.

Der Krieg der USA von 2003 gegen den Irak begann eigentlich schon 2001 mit <9/11> (vgl. Kap. 35 H). Verteidigungsminister Donald Rumsfeld forderte noch am gleichen Abend, Saddam Hussein anzugreifen. Jene Anschläge in New York waren hausgemacht, und die Lüge von den Massenvernichtungswaffen Saddams war wohl ein Teil dieser Kriegs-Verschwörung. Das Ziel war, die riesige und unter dem Dach der National Oil Company verstaatlichte irakische Ölindustrie, welche die Gewinne im Land behielt, wieder zu privatisieren: Nach dem militärischen Sieg der Koalition der Willigen über Saddam Hussein und der Aufhebung der UNO-Sanktionen am 22.3.03 werden die Ölfelder nun im Auftrag der Besatzungsmächte von britischen und US-Firmen ausgebeutet, und die Gewinne fliessen, anders als vor dem Krieg, nun dorthin. US-Präsident George W. Bush hatte seinem Vater damit vorgemacht, dass er solche Kriege ganz und nicht nur halbbatzig führt: Eine Welt ohne Saddam Hussein ist eine bessere Welt. Bush senior hatte diesen noch leben lassen und die verstaatlichte Ölindustrie nicht angetastet … Dass die Koalition der Willigen diesen Krieg ohne UNO-Mandat führte, sei auch noch erwähnt. Schurken brauchen keine Legitimation.

e) Libyen: Um Öl ging es auch bei der Ermordung von Muammar al-Gaddafi am 20.10.11 in seiner Heimatstadt Sirte, nach Aufständen im Osten Libyens, wo die Ölquellen liegen. Sirte ist heute eine IS-Hochburg, damals wäre das undenkbar gewesen. Gaddafi behielt den Gewinn aus der Öl-Förderung im Land und verteilte ihn als Wohlstand im Volk, entsprechend seiner sozialistisch-egalitären Überzeugung. Damit stellte er sich in schroffen Gegensatz zu den christlich-abendländischen Werten, wonach die Bodenschätze eines Landes nicht seinen Bewohnern gehören, sondern den multinationalen Konzernen und deren Aktionären.

Natürlich ist es sehr viel komplizierter. Aber es lässt sich rückblickend auch auf diese einfachen Mechanismen reduzieren, wie im Irak und Syrien: Wem gehört das Öl? Diese Frage wurde von den Konzernen und ihren Handlangern dadurch entschieden, dass sie im Osten Libyens wie gesagt Aufstände anzettelten, getarnt als Kampf für Menschenrechte – wie zuvor in Afghanistan, Irak, Syrien und anderswo. Gaddafi tat, was jeder Machthaber auf dieser Welt, bis hin zum Schweizer Bundesrat (Béliers im Jura), in dieser Situation tut: er versuchte, den Aufstand niederzuschlagen, mit gleicher Entschlossenheit und Kampfkraft wie seine Widersacher. Dies wiederum wurde ihm international und unfairerweise vorgeworfen und zum Verhängnis: 100 Mia. $ auf ausländischen Konti wurden eingefroren, der UNO-Sicherheitsrat verhängte über dieses souveräne Land eine Flugverbotszone, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag erliess am 27.6.11 einen Haftbefehl gegen Gaddafi, Interpol schrieb ihn am 9.9.11 zur Fahndung aus, und NATO-Flugzeuge beschossen am 20.10.11 seinen Autokonvoi; Gaddafi starb gleichentags. Der Staatshaushalt Libyens war vor seinem Sturz auf der Höhe von rund 35 Mia. $ ziemlich ausgeglichen, im Folgejahr wies er ein Defizit von 10 Mia. $ auf – von den freigegebenen 100 Mia. $ gelangten nur 6 zurück ins Land, und die neuen Machthaber stahlen mehrere Mio. und brachten sie in Koffern ausser Landes. Jahrelang bekriegten sich zwei Regierungen, und der IS hat sich festgesetzt. War die Ölindustrie vorher staatlich und brachte die erwähnten 35 Mia. $ ein, so sanken diese nachher auf 11 Mia. $. Daraus kann gefolgert werden, dass die Gewinne privatisiert und abgeführt werden. Das ist ja der Sinn solcher Regime-Changes, wie z.B. in Afghanistan, Irak und Syrien. In Libyen soll es auch noch darum gegangen sein, dass Gaddafi mit riesigen Gold-Vorräten eine panafrikanische Währung vorbereitete, welche den US-$ und den Franc ausgehebelt hätte. Hillary Clinton hat, um das zu verhindern, die Ermordung Gaddafis durch die NATO an vorderster Front betrieben, sekundiert von Nicolas Sarkosy. Das belegen ihre Emails. Sie belegen auch die militärische Unterstützung der Rebellen von Benghazi durch die USA lange vor der UNO-Resolution, die ja nur Luftunterstützung vorsah. Tja. Verglichen mit solchen miesen Geschichten kommt mir die Verwicklung Russlands in der Ost-Ukraine so harmlos vor wie der Räuber Hotzenplotz.

Und in Libyen geht der Kampf gegen den Terror weiter, der diesen ja erst erzeugt

f) Jugoslawien: Staatspräsident Tito hatte dieses Balkan-Land, eine Viel-Völker-Nation, während des Kalten Krieges (1945-90) aus den Fronten herausgehalten und in die Bewegung der Blockfreien geführt. Er war der Garant des Zusammenhalts und eines libertären Sozialismus. Nach seinem Tod (4.5.80) übernahm ein kollektives Staatspräsidium mit jährlich wechselndem Vorsitz aus den jeweiligen Republiken bzw. autonomen Provinzen die Regierung. Mit westlicher Hilfe (v.a. des Aussenministers der BRD Hans-Dietrich Genscher, 1974-92) spalteten sich Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie der Kosovo und Mazedonien von Serbien ab, grösstenteils kriegerisch mit weit über 100’000 Opfern und systematischen Ermordungen. Der Westen mischte sich mit einseitigen Anerkennungen sowie mit Bombardierungen massiv ein, zuletzt jeweils mit der Stationierung von sog. Friedenstruppen. Im 2. Quartal 1999 führte die NATO gegen Serbien einen mörderischen Luftkrieg, angeblich um eine humanitäre Katastrophe im Kosovo zu verhindern.

Dabei ist doch der Zerfall Jugoslawiens selber eine riesige humanitäre Katastrophe, verursacht durch die für den Westen und die NATO typische Einmischerei, die vor der Anwendung militärischer Gewalt nicht zurückschreckt, zur Freude des Military Industrial Complex. Warum konnte man die Regelung der inner-jugoslawischen Spannungen, ja Feindschaften nicht diesen Völkern überlassen? Oder einem Internationalen Schiedsgericht? Warum musste man den nach Westen strebenden Völkern zu Hilfe eilen und das östlich orientierte Serbien bekriegen? Warum half man den Ustascha-Katholiken Kroatiens gegen die orthodoxen Serben – sogar der Papst? Franjo Tudman, Kroatiens Staatspräsident, war stolz und glücklich, weder mit einer Serbin noch mit einer Jüdin verheiratet zu sein (Carl Polónyi, Heil und Zerstörung: Nationale Mythen und Krieg am Beispiel Jugoslawiens 1980–2004, Berliner Wissenschafts-Verlag 2010, S. 128–130).

Die beteiligten Völker hätten zu ihrem Selbstbestimmungsrecht auch gefunden ohne die Einmischung von EU und NATO, und die humanitäre Katastrophe, so behaupte ich, wäre geringer ausgefallen oder ausgeblieben. Natürlich weiss ich, dass der Zusammenhalt eines Viel-Völker-Staates eine sehr komplizierte Aufgabe ist. Aber dem Internationalisten Tito war das ja gelungen, weil seine und die Ideologie seiner Getreuen aus all diesen Völkern die Zugehörigkeit zu einer Ethnie herunter- und den Zusammenhalt in einem Staat herauf-gespielt hatte. Für den Sozialismus ist eben der Internationalismus typisch, während für den kapitalistischen Westen der Nationalismus typisch ist, mit den bekannten humanitären Katastrophen zweier Weltkriege und der langen Reihe von Kriegen seither. Der Westen hat lieber einen aufgesplitterten, überwiegend westlich orientierten, Investitions-freudigen Balkan als einen geeinten, auch in seiner Rivalität mit dem Viel-Völker-Staat Russland. Dafür nimmt er gerne die genannten Opfer in Kauf, zumal es ja nicht seine eigenen sind …

g) Mali in Westafrika, bis 1960 eine Kolonie Frankreichs, hat wichtige Bodenschätze: Erdöl, Gold, Diamanten, Phosphor und Uran, welches im Nachbarland Niger vom französischen Energiekonzern Areva gefördert wird. Für die ehemalige Kolonialmacht ist Mali daher so wichtig, dass sogar ein sich Sozialist nennender Staatspräsident am 11.1.13 eine militärische Einmischung anordnete, um die Autonomie-Bestrebungen der Tuareg zu bekämpfen. Immerhin stützte er sich auf eine UNO-Resolution. Aber wenn es nicht vor allem um diese Bodenschätze gegangen wäre, dann hätte es doch genügt, die Lehm-Moscheen von Timbuktu mit einer lokal sehr begrenzten Eingreiftruppe aus der Luft zu schützen und den inner-malischen Konflikt diesem Land und seinen Nachbarn zu überlassen, auch das Zurückdrängen der Islamisten. Die Intervention vom 11.1.13 folgte jedoch der Ideologie des Neo-Kolonialismus: Wir sorgen dafür, dass ihr eure Welt nach unseren Vorstellungen einrichtet und für unseren Nutzen.

h) Die weisse Oberschicht hungert nicht nur nach Uran und Erdöl usw. sondern auch nach Diamanten. Ohne diesen ganz unbiblischen Hunger der Christen wäre die Geschichte von Sierra Leone anders verlaufen, weniger blutig. Das gilt für die Zeit als britische Kronkolonie bis 1960 wie auch seither. Der Macht- und Verteilkampf um die Diamanten-Ernte führte in den 90er Jahren zu einem Bürgerkrieg mit 50- bis 300’000 Toten, zahllosen Verstümmelten und zu 2,6 Mio. Flüchtlingen, unter Beteiligung von britischen Söldner-Firmen und schliesslich der britischen Armee. Ab 2001 konnte sich der Westen im sog. Kimberley-Prozess endlich dazu durchringen, von Charles Taylor und allgemein keine Blut-Diamanten mehr zu kaufen. Ja, warum nicht gleich ?? Hier scheint es ausnahmsweise so, dass die Intervention der britischen Truppen eine Besserung brachte, immerhin.

i) Im Jemen, im sog. Vergessenen Krieg, werden zur Freude der Militär-Industrie illegal Waffen verschlissen im Wert bis zu 1,2 Mia. Euro, und zwar vor allem durch Lieferungen aus der Türkei und Ländern der Arabischen Halbinsel, unter Mithilfe des CIA – wen wundert’s? Die von Saudi-Arabien angeführte Militär-Koalition bombardiert die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen und inszeniert damit ein Paradebeispiel von militärischer Einmischung einer mit den USA befreundeten regionalen Grossmacht in einen inneren Konflikt in diesem strategisch äusserst wichtigen Land (Südspitze der Arabischen Halbinsel). Diese Intervention wird nicht nur durch einseitige Beschlüsse internationaler Organisationen unterstützt, sondern direkt von den USA, Frankreich und Grossbritannien, und zwar logistisch wie auch mit immensen Waffenlieferungen. Wer diese Listen und die Kritik daran durchsieht, auch diejenige der zahlreichen Akteure, gelangt zum Schluss, dass dieser Stellvertreter-Krieg typisch ist für die westliche Hegemonie-Politik im Nahen und Mittleren Osten: Waffen gegen Öl, ein Eldorado für das Gegenteil christlich-abendländischer Werthaltungen: Blut für Öl. Und es geht darum, Russland und den Iran um jeden Preis zurückzubinden, auf Kosten der Zivilbevölkerung, wie in Syrien und Palästina, im Irak und im ganzen Maghreb.

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