Einleitung und Einladung an die Jugend
„Falls du sie noch trägst: Leg deine transatlantische Brille ab, sie schwächt deine politische Urteilskraft!“ Denn hier geht es, wenn du mitmachst, ums Ganze.
Wenn du den Frieden fördern willst in der Welt und das Wohlergehen der Menschen, dann musst du wissen, warum und wie die Feindbilder, Krisen und Kriege geplant und inszeniert werden, und welche Alternativen es gibt.
a) Hier ein Grossteil meiner Antwort, der Kern:
„Eine privatwirtschaftlich organisierte, Gewinn-orientierte Rüstungsindustrie braucht Feinde, Krisen und Kriege, sonst murren die Aktionäre und Zulieferer: He! Kein Wachstum, keine Gewinne, keine Dividenden! Also veranlasst diese mächtige Industrie mittels Verfilzung und Lobbying ihre Regierung, Feindbilder aufzubauen sowie Krisen und Kriege anzuzetteln. Eigentlich logisch – aber unter Denkverbot. Die USA folgen diesem ökonomischen Grundgesetz seit langem, z.B. seit 2011 in Syrien (vgl. Kap. 2 und 41), und geben über 600 Milliarden US-Dollar jährlich für das Militär aus, gemäss Budget 2019 716 Mia. (SDA in 20Min. 15.8.18 S.12), Weltraum-Bewaffnung inklusive – mehr als die nachfolgenden neun Länder zusammen (Russland, China, Saudi-Arabien, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland, Japan, Indien, Süd-Korea; SIPRI 2018, SDA 20Min. 2.5.18 S.12). Sie sind auch der weitaus grösste Waffen-Verkäufer: Weltweit wurde 2015 Kriegsmaterial im Wert von 65 Mia. $ gehandelt, 23 davon durch die USA (SDA 20Min. 14.6.16 S.10). Die Zahlen des SIPRI sind indes höher: globaler Umsatz 370 Mia. $, 245 Mia. $ davon durch die USA (NZZ 5.12.16 S.2). Der einflussreiche Military Industrial Complex der USA, also die in der Gewinn-orientierten Ideologie gefangenen Menschen, welche ihr Geld mit der Rüstungsindustrie verdienen, sind der Schiebe-Motor hinter den Feindbildern, Krisen und Kriegen unserer Epoche, weil sie davon leben und zugleich ernsthaft glauben, damit etwas Gutes zu tun. In 177 von 200 Staaten sind US-Soldaten stationiert. Das ist ein zum Krieg entschlossenes Imperium. Es wird Frieden, Nichteinmischung gemäss UNO-Charta und Abrüstung niemals zulassen. Damit liesse sich ja die Vorherrschaft ihres Systems nicht aufrechterhalten, liesse sich kein Gewinn erzielen! Es ist ihnen egal, dass ihre Bibel genau das Gegenteil predigt. Seit dem 2. Weltkrieg haben die USA Dutzende Kriege geführt und meistens zerstörte Staaten zurückgelassen. In den 240 Jahren ihrer Geschichte befanden sie sich 222 Jahre im Krieg mit einem anderen Land. Es gehört offenbar zu ihrem Erbgut, sich mit Waffengewalt gegen andere Völker durchsetzen zu wollen, seit dem 20. Jahrh. im Verbund mit West-Europa. Die privatwirtschaftliche Aufrüstungs-Industrie dieser Länder mit ihrer riesigen Lobby ist die Eiterbeule des Kapitalismus, die ihn ungeniessbar macht, vergiftet.
Einer staatlichen Rüstungsindustrie (wie im Sozialismus!) fehlt der geschilderte Anreiz, Krisen und Kriege anzuzetteln; sie muss keine Gewinne erwirtschaften und an Aktionäre ausschütten. Von Russland gingen denn auch bis 1990 null bis zwei Kriege aus, je nach Zählart.
Daraus folgt: die gute alte Verstaatlichung mindestens der Militär- und Rüstungsindustrie ist die Minimal-Voraussetzung einer besseren, nein: einer guten, friedlichen Welt. Eigentlich logisch – und erst noch christlich.
Ist dir diese Einschätzung zu sehr mono-kausal? Vielleicht magst du wenigstens zugeben, dass der Einfluss der privaten Rüstungs-Lobby, der Generäle und der Geheimdienste, in der westlichen Meinungspresse verschwiegen oder unterschätzt wurde und wird.
Daraus folgt, dass der von den USA angeführte und militant verteidigte Kapitalismus (privatwirtschaftlich organisierte Güterproduktion mit dem Ziel der Gewinnmaximierung, Wettbewerbs- und Marktwirtschaft, Brockhaus 1988) nicht friedensfähig ist, als ganzes System nicht, und schon gar nicht friedenswillig. Denn mit Abrüstung und Friedenspolitik würde er ja seinen wichtigsten Stützpfeiler schwächen: Mit Waffen wird am meisten Geld verdient, mehr als mit Drogen und Prostitution. Also: Der Kapitalismus ist nicht friedensfähig und natürlich auch nicht friedenswillig. Eigentlich logisch und folgerichtig – na, denkst du auch so? Bob Dylan, seit kurzem Träger des Literaturnobelpreises, schrieb dazu vor über 50 Jahren sein Lied Masters of War, und Volker Pispers erklärt’s uns auch, es darf gelacht werden. Seine Markt-Analyse lautet: „Zu viel ist nicht genug!“:
Aber jetzt wird’s wieder ernst: Daraus folgt nämlich, dass diese sich christlich nennende Weltmacht (USA/EU) alles unternimmt, um solche grundlegenden politischen Gesetzmässigkeiten zu verschleiern und sich als friedensfördernd darzustellen. Und die meisten von uns glauben ihr. Kapitalismus ist nämlich ein Glaubensbekenntnis, ist Religion, und er braucht Predigten, sprich Propaganda, damit wir seine Glaubenssätze nicht hinterfragen.
Die USA, um jede Neuauflage des Sozialismus zu verhindern, bespitzeln und belügen uns, nicht erst seit NSA, und sie morden und foltern (angeblich für uns), nicht erst seit Abu Ghraib und Guantànamo, seit Jahrzehnten. Obama hat Waterboarding erst 2009 verboten, Donald Trump will es wieder einführen „und noch viel Schlimmeres“ (20Min. 12.4.16 S.11). Ein Unrechtsstaat, schlimmer als damals die DDR, denn niemand wird angeklagt und verurteilt. Ein Rechtsstaat foltert nämlich nicht, auch wenn es nützen würde. Folter und Mord zu rechtfertigen zeugt von krimineller Gesinnung. Die USA dürfen sich nicht auf Staatsräson berufen; das steht nur Staaten und nur ausnahmsweise zu, die existentiell bedroht waren oder sind. Als selbsternannter Weltpolizist, als moralische Führungsmacht, auch mit ihrem Rassen- und Waffen-Wahn, sind die USA demnach gründlich disqualifiziert. Russland ist vergleichsweise harmlos.
Die USA sind die Führungsmacht des kapitalistischen Wirtschafts- und Polit-Systems, dem der ganze Westen hörig ist, auch seine Vasallen in Nah- und Fernost. Daraus folgt: Wer über den Sozialismus lästert, den früher real existierenden und die politische Utopie (Staats- und Gesellschafts-Organisation, die auf Gleichwertigkeit, Solidarität und Gerechtigkeit beruht, Genossenschafts- oder/und staatliche Planwirtschaft, Brockhaus), dient dem Kapitalismus und seiner Führungsmacht zu. Und der Meinungs-Diktatur.
Denn der reale Sozialismus war besser als sein Ruf. Diesen Ruf hat ja die westliche Propaganda gestaltet, um dem Kapitalismus zuzudienen. Wer nicht Papagei sein will, durchschaut sie. Dazu braucht es Fakten und eine andere Brille – oder keine. Dann hat der Sozialismus eine zweite, eine faire Chance. Einen dritten Weg gibt es nicht, braucht es auch nicht. Denn im fair und unpolemisch verstandenen Sozialismus, modern und intelligent, ohne propagandistische und militärische Umzingelung, ist alles und auf vielfältige Weise möglich, was die Menschen brauchen – ausser die Ausbeutung der Vielen durch die Wenigen. Ach ja: Auch die Ausbeutung der Erde und der Zukunft, der Lifestyle des Kapitalismus, muss natürlich geächtet sein. Und überhaupt, was die Wende von 1989 betrifft: Das Christentum ist ja ebenfalls gescheitert – sollen wir es also auch abschaffen? Wann? In der Zweitauflage des Sozialismus brauchen wir es nicht, denn der ist ur-christlich. El Presidente Pepe Mujica hat es vorgemacht, in Uruguay.“
Das ist in etwa das Credo dieser Essays und ihres Autors, meine Antwort auf die eingangs genannte Frage. Dazu gehört auch meine Einsicht, dass die westliche Propaganda es systematisch darauf angelegt hat, uns einzureden, dass eine bessere Welt gar nicht möglich sei (vgl. Kap. 48).
b) Die USA überwachen und belügen uns (von Obama zuerst geleugnet, dann verteidigt). Das US-Militär sammelte bis 2017 1,8 Milliarden Social-Media-Beiräge (20Min. 21.11.17 S.26). Das FBI entschlüsselt weltweit auch unsere Handys (SDA in 20Min. 10.1.18 S.2). Diese Weltmacht befindet sich ja im Kriegszustand, im <Krieg gegen den Terrorismus>. Rund 95% aller „Fakten“ und Meinungen werden in den USA fabriziert. Also ist alles, ALLES Kriegspropaganda. Die Berichterstattung einer Kriegspartei ist immer Kriegs-Propaganda, voller Lügen über sich und die Gegenseite, denn eine Kriegspartei will ihr politisches Herrschaftssystem begründen und stützen. Das ist neuerdings in vieler Munde. Aber wie war das früher, vor der Wende? Auch damals waren die USA im Kriegszustand, im Kalten Krieg, im „Krieg gegen den Kommunismus“; dieser wollte das kapitalistische Wirtschafts- und Politsystem durch ein sozialistisches ersetzen. Also war auch damals alles Kriegspropaganda. Eigentlich auch logisch, nicht wahr?
c) In diesen Essays unternehme ich den Versuch, die Geschichte des Kalten Kriegs, also des Kriegs gegen den damaligen <Ostblock>, den real existierenden Sozialismus, mit anderen Akzenten zu schreiben oder jedenfalls die wichtigsten festsitzenden Verurteilungen zu hinterfragen und aus der Distanz einiger Jahrzehnte zu revidieren. Damit können die Polit-Interessierten von heute, insbesondere alle, die sich SozialistInnen nennen, die Reflexe durchschauen und widerlegen, mit denen die kapitalistische Propaganda das eigene System rechtfertigt und eine sozialistische Alternative bekämpft. Nach der Lektüre dieser Essays sind Floskeln wie „abendländische Werte, Freiheit und Wohlstand“, „linke Diktatur und Mangelwirtschaft“ oder Abstimmungsparolen mit Hammer und Sichel einfach nur noch lächerlich, dumm.
Renne ich offene Türen ein? Neuerdings, im Zuge der Ressourcen-Kriege der USA (Erdöl und Erdgas, Metalle, Uran, Wasser), im Zuge der Vereinnahmungs-Kriege der USA und der EU (Serbien, Afghanistan, Irak 2x, Libyen, Syrien, Mali, Ukraine usw.) sowie der Nachrichten-Skandale (Wikileaks, Edward Snowden/NSA), neuerdings also wenden sich zwar viele Europäer von den USA ab, weil sich diese unanständig verhalten. Offen oder hinter vorgehaltener Hand ist immer häufiger die Meinung zu hören, die USA würden uns ihre wahren Absichten verheimlichen, nämlich den ganzen Globus, also auch uns, und insbesondere alle Rohstoff-Quellen zu beherrschen, und würden uns anlügen, um dieses Ziel zu erreichen.
d) Aber wer sich von den USA abwendet, wird bestenfalls ein illusionsloser Zyniker oder ein Putin-Fan, kann sich jedoch in seiner politischen Fantasie keine Menschheits-Vision ausmalen, die anstelle des herrschenden Systems anzustreben wäre. Denn das Denken ist durch die genannten Reflexe blockiert: „Ja, hat man im Osten versucht, war aber grausam, ist gescheitert, geht nicht, ist gegen die menschliche Natur …“ Erst wenn solche Denk-Reflexe und Denk-Verbote hinterfragt sind und widerlegbar werden, und zwar bezogen auf die Zeit seit Lenin, nicht erst seit 1989, erst dann kann die gedemütigte und orientierungslose Linke aufstehen und den Fortschritt der Menschheit (Nie wieder Krieg!) einfordern, den der siegreiche Kapitalismus nach 1989 versprach (vgl. Kap. 30 und 49). Dieser ist dabei ja kläglich gescheitert, viel mehr als der ehemalige Ostblock: die Probleme nehmen zu statt ab, exponentiell und nahezu irreversibel, weil die herrschende Polit- und Finanzoligarchie den Fortschritt der Menschheit gar nicht will, im Gegenteil: Sie bereichert sich am Rückschritt (vgl. Kap. 30). Beweis: Die Zahl der Superreichen wächst, aber auch die der Nicht-Regierungs-Organisationen, welche ja Indikatoren ungelöster Probleme sind (pars pro toto: Erklärung von Bern, neu Public Eye). Und die Finanz-, Sozial- und Umwelt-Krisen nehmen zu. Dieses System flickt den Fiebermesser und legt Pflästerli auf schwärende Wunden, z.B. jetzt angesichts der Flüchtlings-Katastrophen im Mittelmeer und in Europa, statt die Ursachen anzuschauen und anzugehen: Wir in Europa müssen ärmer werden und Afrika reicher, und die USA/EU müssen mit ihrer weltweiten bewaffneten Einmischerei und der unlegitimierten Ausbildung und Bewaffnung sogenannter gemässigter Rebellen (z.B. in Syrien) aufhören – das wäre sogar christlich … Denn auch ein gemässigter Mörder ist ein Mörder. Zum Glück gibt’s Russia Today …
Aha, erwischt: Warum glaubst du der amerikanischen Kriegspropaganda mehr als der russischen?
Das Problem ist ja nicht, dass die Leute ungebildet sind. Das Problem ist, dass sie gerade mal so gebildet sind, um an das zu glauben, was ihnen beigebracht wurde. Und nicht gebildet genug, um das zu hinterfragen, was sie gelehrt worden sind (Wer hat das wohl gesagt?). Hinterfragen, das ist das Anliegen dieser Essays. Denn es ist keine Schande, ein Papagei zu sein. Es ist aber eine Schande, sich nicht zu fragen, ob man einer sei.
e) Um auf die Propaganda zurückzukommen: Dieses Buch untersucht anhand meiner eigenen Biographie (geb. 1941), wie uns die USA, so wie sie es jetzt tun, schon früher angelogen haben, insbesondere während des Kalten Krieges 1946-1990 und noch früher, nämlich über die Machtergreifung der Bolschewiken in Russland, über deren Machtausübung und über Stalin und seinen Kampf gegen Hitler-Deutschland (1917-1939 und 1940-1945). Während meines ganzen politisch bewussten Lebens hat mich stets die Frage umgetrieben, ob sich die Geschichte Europas und der übrigen Welt im 20. Jahrhundert nicht auch völlig anders schreiben und lesen liesse als aus der Sicht der USA und ihrer westlichen Verbündeten, ob also deren Sicht und Geschichtsschreibung nur Propaganda sei und ob demzufolge die „östliche“ Sicht nicht mindestens so vertretbar sei, ja vielleicht sogar näher bei der „historischen Wahrheit“. Diese Essays laden dazu ein, die „östliche“ Sicht (und natürlich auch die „südliche“) ebenfalls anzuschauen, statt wie PAPAGEIEN nur die westliche nachzuplappern. Die Einladung heisst, mit zwei Augen zu schauen statt nur mit einem – und erst noch in verschiedene Richtungen. Du wirst dadurch nicht zu einem Chamäleon, sondern zu einem Mann, einer Frau mit Weit- und Durch-Blick. Dieser macht die Vision auf eine bessere Welt erst wieder möglich (vgl. die Kap. 45 bis 50).
Dazu gehört, sich für relevante historische Fakten zu interessieren. Eine Meinung zu haben genügt nicht. Wer die Fakten nicht kennt, dessen Einschätzung ist nichts wert, verdient keinen Respekt. Ich will das an einem heissen Beispiel erläutern: Wer über Israel und seine Rolle im Nahen Osten wohlwollend redet, ohne die Fakten der Vertreibung der Palästinenser 1948 und seit 1967 zu kennen, die Schlüsselereignisse des Nahost-Konflikts, der/die sollte schweigen und zuhören oder wenigstens lesen (z.B. die Kap. 21-23). Jede Meinung über den sog. Terrorismus ist irrelevant, wenn sie ohne Kenntnis dieser Fakten dahergesagt wird. Also ist es blosses Papageien-Geschwätz, wenn der sog. Terrorismus als ernste Gefahr für die Menschheit bezeichnet und über die wirklichen Terroristen mangels Fakten-Kenntnis geschwiegen wird (Kap. 24, 28, 35 und 41).
f) Die Zeit ist reif, sich der Dualität zu stellen: Haben wir das richtige Wirtschafts- und Polit-System, um die Welt besser zu machen – nein: endlich gut zu machen? Immerhin hatte das westliche Wirtschafts- und Polit-System seit 1990 Zeit, sein Versprechen einzulösen, nämlich dass es nach der Selbstaufgabe des östlichen Systems endlich möglich sei, eine bessere Welt einzurichten. Heute sehen wir jedoch, dass die existentiellen Probleme der Menschheit seit 1990 nicht ab- , sondern zugenommen haben, und zwar exponentiell und fast irreversibel (vgl. Kap. 30: >60 zunehmende Probleme). Das Versprechen ist in weit über 20 Jahren nicht eingelöst worden, im Gegenteil. Wo wir auch immer hinschauen auf diesem Krümel Erde im All: Sehr vielen Menschen geht es schlecht, und nicht einmal ihr nacktes Überleben ist gesichert. Ja mehr noch: es geht ihnen immer schlechter, und die Angst vor Krieg geht wieder um, auch in Europa. Viele glauben den Gerüchten, dass die USA sogar einen Krieg gegen Europa und Russland planen. Die Angst vor den Zehntausenden von Flüchtlingen aus Ländern, die von den USA und der NATO zerstört wurden (Afghanistan, Irak, Syrien, vgl. Kap. 32/33, 41), droht die EU zu spalten. Die naive Frage eines Grünen um 1995 ist unbeantwortet: „Wer räumt denn diese Welt je wieder auf?“ Wer richtet sie friedlich und nachhaltig ein für unsere Kinder und Enkel (vgl. Kap. 44)?
Ja, wer? Das vorherrschende westlich dominierte System ist dazu nicht in der Lage, es produziert immer neue, noch gravierendere Problemfelder. Also ist die Zeit reif zu fragen, warum wir es wider bessere Erkenntnis aufrecht erhalten oder ob wir es nicht doch endlich durch ein zukunftsfähigeres ersetzen wollen. Darauf gibt mein Ausblick am Schluss dieser Essays meine persönliche Antwort: Das System der grossen privatwirtschaftlich organisierten, also profitorientierten Aktiengesellschaften, insbesondere der Rüstungsindustrie, die sich alle welt-schädlich in die grosse Politik einmischen, ist abzuschaffen. Erlaubt sind nur noch Staatskonzerne wie in China (z.B. Hisense, warb an der EM 2016) oder KMU und bedarfsdeckende Genossenschaften, welche ohne die zerstörerische Raffgier des Kapitalismus funktionieren, auf Wirtschaftswachstum nicht angewiesen sind und auf die Politik kaum Einfluss nehmen (vgl. Kap. 47).
Das ist die unbescheidene und unerlässliche Rahmen- und Anfangsbedingung für ein Polit-System des säkularen und evolutionären Humanismus, der Weg zu einer besseren, nein: zu einer endlich guten Welt. Ob das realistisch sei, ist sicher die falsche Frage; die richtige kann nur sein: Stimmt die Ausrichtung? Wenn ja: Was gibt es zu tun? Und warum zögerst du?
Diese Essays wollen dir die Sichtweise eines Menschen unterbreiten, der den Kalten Krieg anders erlebt hat als du oder ihn anders als du vermittelt bekommen hat und der (deshalb) die Propaganda der USA radikal skeptisch ausleuchtet. Und: „Was braucht es für eine bessere Welt? Nein: für eine gute Welt?“
g) Für mich war der Kalte Krieg (1945 bis 1990 und natürlich auch die Zeit seither) eine vergeudete Zeit. Die westlichen Grossmächte haben es versäumt, die Friedensofferten der östlichen Grossmacht aufzugreifen und mit ihrer Macht eine gute Welt einzurichten. In dieser hätte es indessen keinen Platz gehabt für den Military Industrial Complex der USA, vor dessen Macht und Einfluss der General und spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower eindrücklich warnte – allerdings erst bei seinem Abgang (vgl. Kap. 14 und 37a). Die Krisen- und Kriegs-lüsterne Waffenlobby im Westen unterlief jede Friedensofferte des Ostens, z.B. jene, welche 1952 ein neutrales und wiedervereinigtes Deutschland vorschlug (vgl. Stalin-Noten), und zog das „Gleichgewicht des Schreckens“ vor, ja strebte stets nach Übergewicht (vgl. Kap. 10/11). Folgerichtig stemmte sich der Westen gegen jede Art von Abrüstung und führte nach 1945 zahllose Kriege gegen die Befreiungsbewegungen und allgemein gegen die Friedenskräfte, gegen die verteufelten Kommunisten, zum Beispiel in Vietnam (vgl. Kap. 20). Und nach 1990 schuf sich die Waffenlobby neue Absatzmärkte (und sicherte die NATO unsere Ressourcen): Serbien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Mali, Ukraine und viele andere. Sie belieferte auch den Feind. Der neokonservative Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater des US-Präsidenten Bill Clinton (1993-2001), stellte alles klar: „Das Ziel der USA muss sein, unsere Vasallen (!) in einem Zustand der Abhängigkeit zu halten, den Gehorsam und den Schutz unserer Untergebenen zu garantieren und die Vereinigung der Barbaren zu verhindern.“ Zu diesem Zweck muss Russland, mit Hilfe von Vasallen-Staaten vom Baltikum bis zur Ukraine, erneut umzingelt werden, um ein Zusammengehen mit Deutschland zu verhindern. Das ist eine Dominanz-Politik, sie widerspricht der UNO-Charta, welche die Gleichwertigkeit der Völker und Nationen anstrebt, und ist verbrecherisch, weil sie unweigerlich eine grosse Zahl Toter in Kauf nimmt. Putin widerspricht dem deutlich, zum Glück, auch in der Valdai-Rede. – Wie gesagt: Das alles ist weltpolitisch eine vergeudete Zeit. Die Kenntnisse zur Einrichtung einer guten Welt wären nämlich vorhanden, auch die Ressourcen: Mit dem Rüstungs-Budget der USA in einem einzigen Jahr (über 600 Mia. $, Statista 2015), mit dem u.a. die weltbesten Waffensysteme entwickelt werden, lassen sich alle Probleme dieser Erde, deren Lösung Geld kostet, lösen, und zwar für immer – vom Hunger bis zu guter Schulbildung für alle, von medizinischer Grundversorgung und Arbeit für alle bis zur Wiederherstellung eines nachhaltigen Ökosystems. Statt dessen nehmen die Probleme weiter zu, ebenso die Propaganda, die uns daran gewöhnen will. Wie gesagt: eine vergeudete Zeit. Ich bin deshalb sehr verbittert und muss mir diesen Kummer von der Seele schreiben. Überlebt habe ich seelisch nur, weil es mir gelungen ist, mein privates Wohlbefinden vom Wohlergehen der Menschheit abzukoppeln. Und zum Überleben gehört heute, meine Erfahrungen und Erkenntnisse an die heutigen Jungen weiterzugeben. Ich hätte es sehr begrüsst, wenn nicht Ronald Reagan den Kalten Krieg gewonnen hätte, sondern Michail Gorbatschow.
h) Kritiker werden mir Einseitigkeit vorwerfen. Aber dieser Schuss trifft nicht mich, er trifft den Schützen. Denn neben die übliche einseitige Sicht, nämlich die westliche mit ihren untauglichen Rezepten, stelle ich eine gegenteilige Sicht und lade ein zu Zweiäugigkeit: „Schaut das Ganze doch mal vom anderen Ende her an und denkt über tauglichere Konzepte nach als über die Optimierung des Kapitalismus – radikal, also von der Wurzel her: Was brauchen die Menschen, und nicht: Was brauchen die Märkte?“
i) Zunächst brauchen die Menschen des 21. Jahrhunderts eine weniger einäugige Sicht auf das Experiment des Sozialismus im 20. Jahrhundert, um sich dann die Frage zu stellen:
„Könnten wir diesem Experiment nicht doch eine zweite Chance geben? Und uns in unbeschwerte, ja überbordende Lebenslust stürzen ?? Weil sich dieses andere System richtig anfühlt ??? – Her mit dem ganzen Leben – Sozialismus und Zukunft (vgl. Kap. 49). Wie wär’s mit einer verbesserten Version? Denn der Mensch ist ja in seinem Kern viel eher ein soziales Wesen als ein profitorientierter Investor.“
Vielleicht gelingt es, die Fehlentwicklungen des 20. Jahrhunderts künftig zu vermeiden. Die Chancen der Kommunikation und der Politik sind ja im 21. Jahrhundert weitaus günstiger als in den Zeiten von Lenin, Stalin, Ulbricht usw. Übrigens finden 60% der Ostdeutschen (ehemalige DDR) die Idee des Sozialismus (vgl. Definition nach Brockhaus, oben) immer noch gut. Ich auch. Und Ex-Presidente Pepe Mujica von Uruguay auch. Er und ich halten es nicht mit Alt-Kanzler Helmuth Schmidt, der gesagt haben soll: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt.“ Da lobe ich mir die Investitions-Freude der west-europäischen Industriellen: Hemmungslos schliessen sie grosse Geschäfte ab mit den Staatskonzernen in Russland und China (www.owc.de) und lernen dabei eine andere Weltsicht. Das sind Friedens-Garantien. Solche Investoren fallen, so hoffe ich, den Generälen in den Arm, die Russland und sogar China atomar bekriegen wollen. An der Dekadenz des Westens ändert das freilich nichts.
Also, ihr heutigen Jungen: Packt das, was meine Generation verbockt hat, nochmals an! Da Capo al Fine. Rational und emotional.
k) Für Eilige füge ich hier eine Kurzfassung an:
16 Kernsätze aus WIR PAPAGEIEN
1. Eine privatwirtschaftlich organisierte, Gewinn-orientierte Rüstungsindustrie braucht Feinde, Krisen und Kriege, sonst murren die Aktionäre und Zulieferer: He! kein Wachstum, keine Gewinne, keine Dividenden! Also veranlasst diese mächtige Industrie mittels Verfilzung und Lobbying ihre Regierungen und Geheimdienste, Feindbilder aufzubauen sowie Krisen und Kriege anzuzetteln. Sie ist deren Schiebe-Motor. Und das funktioniert: bis 1990 Stalin/Kommunismus, seit <9/11> Islam, Saddam Hussein, Ghaddafi, Putin, Assad, IS, Huthi-Rebellen usw.
2. Einer staatlichen Rüstungsindustrie fehlt der geschilderte Anreiz, Krisen und Kriege anzuzetteln; sie muss keine Gewinne erwirtschaften, und sie muss an Aktionäre nichts ausschütten.
3. Daraus folgt: die gute alte Verstaatlichung mindestens der Militär- und Rüstungsindustrie ist die Minimal-Voraussetzung einer besseren, nein: einer guten, friedlichen Welt. Eigentlich logisch – und erst noch christlich.
4. Die USA geben über 600 Milliarden US-Dollar jährlich für das Militär aus, mehr als die nachfolgenden neun Länder zusammen (Russland, China, Saudi-Arabien, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland, Japan, Indien, Süd-Korea; SIPRI 2013).
5. Mit einem einzigen solchen Jahresbudget würden sich alle Probleme dieser Welt, deren Lösung Geld kostet, nachhaltig lösen lassen.
6. Die USA sichern sich mit diesem Rüstungsaufwand die militärische Vorherrschaft in der Welt. Hinzu kommen jährlich etwa 100 Milliarden $ für den Ausland-Geheimdienst, die CIA, welche für verdeckte Kriege und Operationen verwendet werden, z.B. Regime Changes überall auf der Welt (Syrien!). Wofür denn sonst? Um Pilze zu züchten und mit braven Journalisten Kaffee zu trinken ?? 100 Mia. $ pro Jahr?
7. Weil die Militärindustrie der NATO-Staaten privatwirtschaftlich organisiert ist, eben Gewinn-orientiert, wird sie sich energisch wehren gegen Abrüstung und Frieden. Den Staatsspitzen ist es egal, dass ihre Bibel genau das Gegenteil predigt – und den Völkern grösstenteils auch.
8. Privatwirtschaftlich organisiert heisst kapitalistisch organisiert (Brockhaus, Duden). Also: Der Kapitalismus, militant angeführt von den USA, ist nicht friedensfähig und natürlich auch nicht friedenswillig. Und er unternimmt alles, um solche Zusammenhänge zu verschleiern.
9. Dazu hält er sich ein Heer von Schreiberlingen, Agenturen genannt, welche den Völkern vorsagen, was diese nachplappern sollen – wie Papageien. Und die meisten tun es.
10. Denn die USA sind seit Jahrzehnten im Kriegszustand: 1945-90 gegen den Kommunismus, und seit 2001 gegen den Terrorismus. Also ist alles, was von dort kommt, Kriegs-Propaganda, sog. Fakten und Meinungen, voller Lügen über sich und die Gegenseite, während des real existierenden Sozialismus und während der neueren Ressourcen-Kriege (Öl, Gas, Wasser, Pipelines, Uran, Metalle usw).
11. Wer nicht Papagei sein will, erhält in diesen 50 Essays die Chance zu entdecken, dass der real existierende Sozialismus (1917-1990) besser war als der Ruf, den ihm die westliche Kriegs-Propaganda angehängt hat: friedlicher, auch im Sozialen: Kooperation statt Konkurrenz.
12. Deshalb hat die Vision des Sozialismus eine zweite, eine faire Chance der Umsetzung verdient. Denn dort ist die Militärindustrie staatlich, und seine erklärte Absicht ist der Abbau von Feindbildern und dominanten Konzernen, ist Völkerverständigung und Frieden, ist Abrüstung und Umlagerung des Rüstungsbudgets auf zivile Zwecke: Gesundheit, Bildung, Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit und ziemlich sorglose Lebensfreude in Anstand, ohne Tricksereien.
13. Ist das realistisch? Das ist sicherlich die falsche Frage. Die richtige ist: Stimmt diese Ausrichtung? Wenn Ja: Was gibt es also zu tun? Und warum zögerst du? Bist du Christ?
14. Und unser scheinbar drängendstes Problem, die Zuwanderung? – Wenn wir Schweizer wirklich weniger Asylbewerber wollen, überhaupt weniger bildungsferne Einwanderer, dann müssen wir unseren Lebensstandard massiv senken und den ihren anheben. Das wäre sogar christlich. Dann kämen keine mehr. Die SVP jedoch will unseren Honigtopf noch verlockender machen (Bankgeheimnis), aber eingittern. Eigentlich arbeitet sie gegen die Kreuze in der Kirche, nicht gegen die Minarette. (vgl. Kap. 43).
15. Seit der Wende von 1989 haben die politisch lösbaren Probleme zu-, nicht abgenommen: weit über 60 (sechzig!) sind es (vgl. Kap. 30). Vor der Wende hatten uns die Kalten Krieger aber eine Abnahme der Probleme versprochen. Das ist jedoch gar nicht ihr Kernanliegen. Dieses ist vom Sicherheitsberater des US-Präsidenten Bill Clinton so formuliert worden: Das Ziel der USA muss sein, unsere Vasallen in einem Zustand der Abhängigkeit zu halten, den Gehorsam und den Schutz unserer Untergebenen zu garantieren und die Vereinigung der Barbaren zu verhindern. Wozu? Damit die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Diese Entwicklung ist im Gang – das Gegenteil von christlicher Werthaltung.
16. Daraus folgt: Ein derart anti-humanes, dummes Wirtschafts-, Verteil- und Politik-System muss ersetzt werden! – durch lediglich bedarfsdeckende Genossenschaften und KMU, ohne Abzocker, Gewinne und Zinsen, ohne Wachstums- und Konkurrenzwahn, ohne Einflussnahme auf die Politik, ohne christliche Kriegs-Gewinnler – ersetzt durch Staatsunternehmen und eine Moral des säkularen/evolutionären Humanismus: eine Ethik für den modernen Sozialismus – im zweiten Anlauf.